BWK zum Weihnachtshochwasser 2023
Das Weihnachtshochwasser von 2023 hat die Mitte und den Norden Deutschlands fest in seinem Griff. Betroffen sind vor allem Regionen in Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. In den meisten Fällen handelt es sich um klassische Flusshochwässer, die durch langanhaltende überregionale Niederschlagsereignisse entstehen. Im Gegensatz zum Hochwasser 2021, bei welchem vor allem Flüsse mit kleinen/mittleren Einzugsgebieten betroffen waren, zeigt es sich bei diesem Mal, wie sich die Hochwasserwellen von kleinen bis in große Einzugsgebiete fortsetzen. Beispielhaft kann man hierfür das System der Oker nennen, die Im Harz entspringt, in die Aller, dann in die Weser und schließlich in die Nordsee mündet. Hier ist besonders der Bereich um Celle betroffen.
Auch die Elbe führt Hochwasser. So wurde beispielsweise das Pretziener Wehr nach zehn Jahren wieder geöffnet; der anschließende Umflutkanal soll die Stadt Magdeburg vor Hochwasser schützen. Bis 2013 wurde es statistisch gesehen alle zwei Jahre geöffnet. Für die Elbe scheint das Hochwasserereignis bislang glimpflich abzulaufen.
In vielen Gebieten bereitet nicht nur die Wasserstandhöhe, sondern auch die Dauer des Hochwassers Probleme. Die betroffenen Deiche sind oft ohne Dichtungen gebaut, da sie darauf bemessen sind, das Hochwasser nur für einen begrenzten Zeitraum zurückzuhalten. Dadurch, dass aktuell aber ein Regengebiet auf das nächste folgt, werden diese Dauern ausgereizt oder überschritten – die Stabilität der Deiche schwindet.
Das Beispiel der Elbe zeigt aber auch, dass die letzten Jahre sehr trocken waren. 2018 oder 2019 brachten in vielen Flüssen hydrologische Niedrigwasserrekorde mit sich. Hochwasser, vor allem an den großen Flüssen, war nicht mehr so präsent; eher im Gegenteil, ein mittlerer Abfluss (auch im Winter) war schon etwas Besonderes. Denn das muss man auch festhalten: In vielen Teilen Deutschlands sorgen die aktuellen Regenereignisse für Entspannung im Grundwasserhaushalt.
Es scheint, dass wir von einem hydrologischen Extremereignis in das nächste Ereignis kommen: extreme Trockenheit wechselt sich mit extremen Hochwasserereignissen ab. Eine Zunahme dieser Extreme prognostiziert die Klimatologie aufgrund des Klimawandels für die Zukunft. Eine Anpassung unserer Gesellschaft und unserer Lebensweise an diese extremen Ereignisse wird notwendig. Und dabei spielt die Wasserwirtschaft eine herausragende Rolle. Eine Antwort auf die kommenden Herausforderungen, ist die Schaffung von Speicherraum. Dies umfasst den Wasserrückhalt in der Fläche und im Boden, in Gräben und Gewässern sowie in künstlich angelegten Speichern. Insgesamt handelt es sich um eine „Renaturierung des Wasserhaushalts“. In den vergangenen Jahrhunderten hat der Mensch die natürlichen Wasserspeicher vermindert und die möglichst schnelle Ableitung des Wassers gefördert. Ein solcher tiefgreifender Rückbau kann sowohl den Wassermangel im Boden, sinkenden Grundwasserspiegeln, wie auch extremer werdenden Hochwasserereignissen vorbeugen. Ganz verhindern lassen sich damit insbesondere extreme Ereignisse nicht. Hier sind weitere Maßnahmen, wie beispielsweise Deiche oder ein effektives Katastrophenmanagement erforderlich, um insbesondere Menschenleben zu schützen und um Schäden vorzubeugen.
Die Wasserwirtschaft steht also vor sehr großen Herausforderungen, die in einem relativ knappen Zeitraum zu bewältigen sind. Probleme bereiten dabei nicht immer nur fehlende finanzielle Ressourcen oder überbordende Bürokratie, sondern oft auch das fehlende Personal. Der Fachkräftemangel trifft jetzt schon die Wasserwirtschaft. So sind die Studierendenzahlen in den einschlägigen Fächern rückläufig, der stattfindende Generationenwechsel kann nicht eins zu eins kompensiert werden. Politische Unterstützung ist in jeden Fall notwendig.
ViSdP: Bund der Ingenieure für Wasserwirtschaft,
Abfallwirtschaft und Kulturbau (BWK) e.V.